“Hochzeit auf den Seychellen”-News # 016: Riesenschildkröten-Lovestory ;-)

“Hochzeit auf den Seychellen”-News # 016: Riesenschildkröten-Lovestory ;-)

Sehr interessant, was ich soeben bei "Spiegel Online" entdeckte:

Er ist vermutlich der letzte seiner Art – jetzt soll er endlich Vater werden: Lonesome George, die berĂŒhmte Galapagos-Riesenschildkröte, bekommt zwei neue Mitbewohnerinnen im Gehege. Das ist nicht der erste Fortpflanzungsanlauf, viele Jahre lang wollte George nicht.

George hat die Langsamkeit fĂŒr sich entdeckt. Interessiert reckt er seinen schrumpeligen Hals in die Luft und blickt auf die andere Seite des kleinen WassertĂŒmpels, wo der Tumult ist. Einen kurzen Moment scheint es, als wolle George sofort dorthineilen und nachsehen, was da vor sich geht. Dann setzt er zum ersten Schritt an. Langsam. Sehr langsam. Als wollte George sagen: “Zeit spielt fĂŒr mich keine Rolle.”

Es ist zu vermuten, dass George gar nicht weiß, wie schlecht es in Wahrheit um seine Art bestellt ist: Die Riesenschildkröte, die seit den siebziger Jahren in der Charles Darwin Research Station auf der GalĂĄpagos-Insel Santa Cruz lebt, könnte das allerletzte bekannte Exemplar der Unterart Chelonoidis nigra abingdoni sein. Deshalb nennen ihn die Tierpfleger “Lonesome George”, “einsamer George”.

Einsam soll George aber nicht sterben. Die Riesenschildkröte soll endlich Vater werden. Bisher waren die BemĂŒhungen des Nationalparks nicht von Erfolg gekrönt – jetzt starten die Forscher auf der Station einen neuen Versuch: George bekommt Gesellschaft von zwei artverwandten Weibchen, die ihn dazu animieren sollen, sich fortzupflanzen. Das hat die Leitung der Charles-Darwin-Forschungsstation am Donnerstag verkĂŒndet.

Wochenlanges Hoffen auf die Brut

Ob es dieses Mal mit dem Nachwuchs klappen wird, kann aber keiner sagen. Seit mehr als drei Jahrzehnten versuchen die Biologen, das Reptil zur Fortpflanzung zu bewegen. Schon zweimal musste sich George das Gehege mit einer Riesenschildkrötendame teilen. 2008 und 2009 gab es die ersten Hoffnungsschimmer, als die Pfleger von den Weibchen gelegte Eier entdeckten, die anschließend in einem Brutkasten ausgebrĂŒtet wurden.

Über hundert Tage lang hofften die Biologen, dass kleine Riesenschildkröten aus ihnen schlĂŒpfen wĂŒrden. Dann aber stellte sich heraus, dass die Eier keine lebensfĂ€higen Nachkommen in sich trugen.

Neue Liebe, neues GlĂŒck? Bei Georges ehemaligen Mitbewohnerinnen handelte es sich jeweils um Exemplare der Unterart Chelonoidis nigra becki. Die Forscher hoffen nun, dass eine andere Unterart der Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra hoodensis, möglicherweise doch die bessere Wahl sein könnte.

Die beiden Riesenschildkrötendamen sind inzwischen auf der GalĂĄpagos-Insel Santa Cruz angekommen. Zuvor lebten sie einige Kilometer weiter auf der Insel Española. Den neuesten Erkenntnissen der Forscher zufolge ist diese Unterart genetisch nĂ€her mit Chelonoidis nigra abingdoni verwandt. Die Damen könnten also “viel kompatibler” sein und lieferten eine “grĂ¶ĂŸere Wahrscheinlichkeit fĂŒr lebensfĂ€higen Nachwuchs”, hieß es in einer ErklĂ€rung des Nationalparks.

Keine Lust auf Streicheleinheiten

Bis die ersten Erfolge zu vermelden sein könnten, werden aber unter UmstĂ€nden noch einige Jahre vergehen: ZunĂ€chst hatte George viele Jahre lang keinerlei Anzeichen fĂŒr ein Fortpflanzungsverhalten gezeigt – und sich sogar teilweise sehr aggressiv gegenĂŒber seinen Begleiterinnen verhalten. Die Forscher rĂ€tselten ĂŒber das Warum: Weiß George schlichtweg nicht, wie er mit Frauen umzugehen hat? Ist er möglicherweise sogar schwul? Angeblich soll das Riesenreptil selbst auf eine spezielle “Streichelpraxis” ziemlich ungerĂŒhrt reagiert haben, die andere Schildkröten in kĂŒrzester Zeit zum Orgasmus bringt.

Die Wende kam erst vor wenigen Jahren: Plötzlich tat George doch, was mĂ€nnliche Tiere oft tun, und wuchtete sich auf den Panzer einer seiner Gespielinnen. Allerdings ist diese langsame Entwicklung des Verhaltens nicht unbedingt verwunderlich. Schließlich gehört George zu den Methusalem-Tieren und kann sich fĂŒr die einzelnen Lebensabschnitte viel Zeit lassen: Mindestens 60 Jahre ist er alt. Vielleicht aber auch 90. Genau weiß das keiner. Und wenn er nicht vergiftet, von einem Auto ĂŒberfahren oder schwer krank wird, frisst er auch noch in 80 Jahren frische BlĂ€tter.

Viele Schildkröten verweigern stur das Altern. Fast als ob sie die FĂ€higkeit besĂ€ĂŸen, das Ticken ihrer inneren Uhr zu stoppen. Angeblich lebte das Seychellen- RiesenschildkrötenmĂ€nnchen Adwaitya, der Einzige, wie sie es nannten, gute 250 Jahre, bevor es im MĂ€rz 2006 im Zoo von Kalkutta an einer Infektion starb.

Britische Seefahrer hatten Adwaitya in das koloniale Indien gebracht. Seit 1875 befand er sich im Zoo, so ist es in den Unterlagen nachzulesen. Damals herrschte Königin Victoria ĂŒber das Empire, Bayerns König Ludwig II. ließ gerade Schloss Linderhof erbauen. Und ein Mensch hatte eine Lebenserwartung von nicht mal 40 Jahren.

George aber ist jetzt in seinem “besten Alter”. Und er wird es auch noch einige Zeit sein. Selbst wenn jetzt wieder nichts aus dem Nachwuchs wird, die Forscher können noch einige Jahre lang hoffen. Sollte die Aufzucht eines Tages doch von Erfolg gekrönt sein, könnte das die Rettung fĂŒr Chelonoidis nigra abingdoni bedeuten. Zwar handelt es sich bei den Nachkommen dann zunĂ€chst nicht um reinrassige Exemplare. Aber ĂŒber verschiedene Linien könnte man versuchen, reinrassige Nachfahren des Einsamen George zu zĂŒchten, hoffen die Forscher.

Allerdings benötigt man in etwa vier Generationen, um wieder annĂ€hernd reinrassige Tiere einer Art zu haben. In Riesenschildkröten-ZeitmaßstĂ€ben könnte das also noch ein kleines Weilchen dauern.

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